Fertigtanken
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Der Gig war super

Fertigtanken

Prolog

Der ältere der beiden Beamten der Autobahnpolizei Nürnberg - Feucht hatte einen hochroten Kopf, und war sichtlich bemüht, nicht die Fassung zu verlieren. Sein jüngerer Kollege hatte schon eine ganze Weile nichts mehr gesagt und schüttelte in regelmäßigen Abständen den Kopf, um dann seinen Blick wieder auf diese eigenartigen Typen zu richten, die an der Tank - Raststätte standen und in deren geliehenem Mercedes - Bus eine abgerissene Zapfpistole steckte.


Es war ein grauer Sonntag im Oktober. Die Refrigerators hatten am Vorabend wieder ein Konzert in Neustadt / Orla gespielt. Genächtigt wurde wie immer im Hotel zur deutschen Eiche. Aus naheliegenden Gründen wurde das Hotel in Bandkreisen Hotel Schamhaar genannt. Doch das ist eine andere Geschichte.

Im Gegensatz zu den früheren Übernachtungen war das Frühstück nicht minderwertig sondern inexistent. Der Wirt hatte es einfach nicht für nötig befunden, seine Nachtruhe zu beenden und seiner Pflicht nachzukommen. Guter Rat war nicht teuer. Frühstück bei MCD war angesagt.

Das Mahl war beendet. Patrick und Matthias machten sich in ihrem Leihwagen auf nach München, jedoch nicht ohne vorher 100,- DM für die anstehende Tankaktion des Bandbuses an Enno zu übergeben.

Im Nachhinein muss man festhalten, dass mit dieser Geldübergabe die Saat für das kommende Unheil gesät wurde.

Man verabschiedete sich und die beiden Fahrzeuge fuhren der Heimtat entgegen. Am Steuer des Bandbuses: Philipp Rauenbusch. Schon nach kurzer Fahrtzeit kam vom Chefnavigator Enno die Mitteilung, dass die nächste Tankstelle anzusteuern wäre, um Kraftstoff nachzufüllen.

Der unwissende Leser muss an dieser Stelle aufgeklärt werden, was ein Tankstop für die Refrigerators bedeutet.

Unmittelbar nachdem das Gefährt zum stehen gekommen ist schwärmen alle Bandmitglieder über den gesamten Raststättenbereich aus. Einige verrichten nur Ihre Notdurft. Manche finden sich nach einer Suchaktion in den angeschlossenen Raststätten wieder und essen Schnitzel mit Pommes. Wieder andere vergnügen sich an Flipper Automaten. Manche sind wie vom Erdboden verschluckt. Das für einige Zeit im Bandbesitz befindliche Megaphon war nicht für die Bühne als Effekt gekauft worden, wie fälschlicherweise oft behauptet wurde.
Nein es diente dazu alle Refrigerators auf die Weiterfahrt nach einem Tankstop aufmerksam zu machen und Tankstops auf unter 60 Minuten zu drücken.

Vor diesem Hintergrund ist es nun auch nicht erstaunlich, dass Fahrer Philipp zwar den Zapfrüssel in den Stutzen steckte, damit jedoch sein Tagwerk als vollendet betrachtete und sich den unendlichen Reizen und Konsummöglichkeiten der Tank - und Raststätte hingab.

Zeugen aus Bandkreisen wollen ihn mit einem Überraschungsei aus dem Kassenbereich kommen gesehen haben. Man war auch irrtümlich der Meinung, Philipp hätte dabei den Sprit mitbezahlt. Jedenfalls setzte sich Philipp in die letze Reihe zwischen den führerscheinlosen Peter und Marc, der völlig vertieft in sein Macbeth war, um ein bißchen Bass zu spielen. Denn Bass Spielen kann eben doch nicht jeder. Zumindest nicht, ohne zu üben. Aber das ist eine andere Geschichte.

Nach kurzer Diskussion hatte sich Rainer bereit erklärt den nächsten Fahrabschnitt zu übernehmen.

Durch Handzeichen wurde die Vollständigkeit der Mitfahrer festgestellt. Scheinbar gab es nun keinen Grund mehr die Fahrt nicht fortsetzen zu können.

"Und ab die Waldfee" wie Rainer zu sagen pflegt.

Nach etwa 10 Minuten kam von Enno, der nach wie vor im Besitz der 100,- DM war, die naheliegende Frage, wer eigentlich den Sprit bezahlt habe. Da auf diese Frage eisige Stille im Bandbus herrschte, stellt Philipp die aus seiner Sicht nächste naheliegende Frage, wer eigentlich fertiggetankt habe.

Die Fragezeichen stiegen wie kleine Rauchschwaden aus den Gesichtern der Refrigerators. Philipp hatte soeben ein neues Verb erschaffen. Zunächste mussten die Protagonisten sich klar werden, was "fertigtanken" eigentlich bedeutet. Viel entscheidender war jedoch die Frage, was "nicht fertigtanken" für Folgen hat.

Ein kurzer Blick aus dem hinteren rechten Fenster ließ zur Gewißheit werden, was zu diesem Zeitpunkt jeder wußte und nicht wahrhaben wollte. Ein Zapfrüssel, an der Sollbruchstelle abgetrennt, steckte im Tankstutzen.

"Du hast doch den Zapfrüssel in den Stutzen gesteckt?" sagte Till zu Philipp.
"Ja, ja!" entgegnete dieser, "aber ich habe nur angetankt und habe mir dann im Tankshop ein Kinderüberraschungsei gekauft."

Der nächste, auf den sich die Blicke richteten, war Enno. "Du hast doch das Geld bekommen, um den Sprit zu bezahlen."

"Nein, nein, nein," antworte dieser, "nur weil ich das Geld habe, heißt das noch lange nicht, dass ich auch bezahlen muss."

Aus Erfahrung wußten die Refrigerators, dass die Weiterfahrt abgebrochen werden mußte, um die Raststätte erneut aufzusuchen.

An der nächsten Möglichkeit wurde gewendet, um zur Tankstelle zurückzufahren. Die Musiker wurden an der Tankraststättenausfahrt bereits von der Autobahnpolizei erwartet und zum sofortigen Anhalten aufgefordert.

Da das Problem aber bereits identifiziert worden war, fuhr man an den Polizisten vorbei und versuchte durch Gestik und Handzeichen den Polizisten verständlichen zu machen, "wir haben schon gemerkt, dass ein Tankstutzen in unseren Tank steckt und werden gleich zur Tankstelle fahren, um uns zu stellen. Jetzt bei Euch anzuhalten würde keinen Nutzen haben."

Möge der Leser selbst entscheiden wie erfolgreich solche eine Informationsübermittlung sein kann.

Jedenfalls hatten die Refrigerators zwei neue Feinde in Gestalt der Polizisten und waren um die Erfahrung reicher, dass eine rote Kelle niemals zu ignorieren ist, auch wenn es noch so unnütz erscheinen mag.

Zunächst mußten die Polizisten davon überzeugt werden, dass die ganzen Aktion ein Versehen und kein Diebstahl war. Dies war den Gesetzeshütern angesichts der vor Ihnen stehenden Menschen schnell klar.

Danach kam die Frage auf, wer denn gefahren sei. Da Rainer keinen Fürhreschein bei sich hatte, hatte man sich auf der Rückfahrt darauf geeinigt, dass Enno der Fahrer sei. Dies gab man dann auch so zu Protokoll. Leider hatten die Refrigerators nicht berücksichtigt, dass Tankstellen Video - Überwacht werden und einer der Polizisten bereits im Besitz des Beweisfotos war. Er zog es aus seiner Tasche und hielt es wie eine Trophäe den eingeschüchterten Refrigerators vor die Nase. Diese zogen daraufhin diesen Teil der Aussage wieder zurück.

Der Diesel wurde bezahlt und danach wurde die ganze Truppe dann auf das Polizeirevier beordert und ein Protokoll angefertigt.

Es war bereits tiefe Nacht als die Refrigerators wieder in Freiburg ankamen. Marc hatte nichts mehr zu lesen. Die zahlreichen Reclam - Shakespear - Hefte lagen wie Zeugen einer langen Schlacht im Bus verstreut. Der führerscheinlose Peter grämte sich während der ganzen Rückfahrt, ob der Nicht - Besitz des Führerscheins ihn freispricht, Verantwortung für den Tankprozeß zu übernehmen. Eine bis heute ungeklärte Frage.

Der Schaden für den abgebrochenen Tankstutzen hat die Versicherung des Autovermieters übernommen. Den Autovermieter gibt es inzwischen nicht mehr und die Refrigerators haben eine "Goldene Regel" für sich festgelegt:

Wer antankt, muß auch fertigtanken!

Hoch

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